Irgendjemand muss einfach etwas tun. Wie in einem Rausch waren sie alle, Nachbarn, Mitschüler:innen, die ganze Bevölkerung nach dem deutschen Sieg über Frankreich 1940. Für den 18jährigen Hanno Günther in Berlin war dieser Krieg ein Verbrechen. Zusammen mit Elisabeth Pungs, die er während seiner Bäckereiausbildung kennengelernt hatte, und Wolfgang Pander – alle drei waren überzeugte Kommunisten – stellte er eine Flugblattserie her: „Das freie Wort“. Die drei verbreiteten darin Nachrichten über die Kriegslage und forderten Frieden und Meinungsfreiheit. Außerdem forderten sie Rüstungsarbeiter zur Sabotage auf. Wenig später bildete er zusammen mit anderen ehemaligen Schülern der Berliner Rütlingschule einen Widerstandskreis, in dem regelmäßig marxistische Schriften gelesen wurden. Am 28. Juli 1941 wurde Hanno festgenommen und im Oktober gleichen Jahres zusammen mit sechs seiner Mitstreiter zum Tode verurteilt. Am 3. Dezember 1942 wurde Hanno Günther mit nur 21 Jahren hingerichtet.
Helmuth Hübener gehörte zusammen mit seiner Mutter und seinen Großeltern den Mormonen an. Sein Widerstand gegen die Nazis wurde wahrscheinlich dadurch ausgelöst, dass die Pfadfindergruppe, in der er Mitglied war, 1934 verboten wurde. Außerdem war er darüber empört, dass seine Gemeinde ihre Kult- und Versammlungsräume für Juden verschloss. 1939 begann er heimlich den deutschen Nachrichtendienst der BBC abzuhören, was streng verboten war. Hübener schrieb die wichtigsten Berichte auf und ließ sie auf Flugblätter drucken, die er erst allein und später mit drei Freunden unter die Leute brachte. Im Februar 1942 wurde die junge Widerstandsgruppe verhaftet und am 11. August des gleichen Jahres fiel das Urteil. Hübeners Mitstreiter wurden zu Haftstrafen verurteilt. Helmuth Hübener aber wurde am 27. Oktober 1942 von den Nazis ermordet – mit gerade einmal 17 Jahren. Das macht Helmuth Hübener zum jüngsten Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, der jemals vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt wurde.
Bereits mit 12 Jahren stand Walter Klingenbeck dem Nationalsozialismus kritisch gegenüber. Seine Ablehnung mit dem Regime wuchs weiter, als er mit seinem Vater ausländische Radionachrichten hörte, bevor das 1939 verboten wurde. In der Lehre lernte er 1941 die gleichgesinnte Jugendlichen Daniel von Recklinghausen, Hans Haberl und Erwin Eidel kennen und begann mit ihnen „Feindsender“ zu hören. Zusammen feilten die Teenager an Plänen, das Nazi-Regime zu schwächen. Sie entwickelten einen eigenen Schwarzsender, um ausländische Radiomeldungen zu verbreiten und brachten in den Straßen ihrer Heimatstadt München mit schwarzem Lack das Victory-Zeichen der Alliierten an. Für diese Aktion wurden er und seine Mitstreiter verhaftet und am 24. September 1942 wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung“ und „Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt. Das Todesurteil seiner beiden Freunde wurde in eine achtjährige Zuchthausstrafe umgewandelt. Walter Klingenbeck allerdings galt als Anführer der Gruppe und wurde am 5. August 1943 mit gerade einmal 19 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet.
Bildquelle: Von Severin, ein Passant und gangleri – Walter Klingenbeck Weg München, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20147768
Als Schüler bist du eigentlich machtlos, niemand hört dir zu….oder?
Jakob Backsen lebt mit seiner Familie auf dem Hof Edenswarf auf der Nordseeinsel Pellworm. Auf dem Hof betreibt die Familie seit dem 17. Jahrhundert Rinderzucht und Ackerbau. Eines Tages soll er von den vier Kindern übernommen werden, doch der Klimawandel stellt eine reale Gefahr für den Hof und die gesamte Insel dar: Wenn der Meeresspiegel durch die Erderwärmung weiter ansteigt, werden die Deiche Pellworm vor den Sturmfluten nicht mehr schützen. Da sich große Teile unter Normalnull befinden, würde Pellworm bei einer Flut vollaufen wie eine Badewanne und die Heimat von Jakob und über 1100 Einwohner:innen der Insel völlig zerstören. Im Februar 2020 reichte er zusammen mit acht weiteren Klimaschutzaktivist:innen und der Hilfe von Greenpeace eine Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung ein – mit sensationellem Erfolg. Das höchste deutsche Gericht entschied im April gleichen Jahres in einem historischen Urteil, das Klimagesetz der Bundesregierung setze die Zukunft der kommenden Generationen aufs Spiel und sei in Teilen verfassungswidrig. Die Bundesregierung wurde verpflichtet, deutlich stärker gegen den Klimawandel und seine Folgen vorzugehen.
Die Verschmutzung durch Plastik ist eines der größten Umweltprobleme weltweit. Das ist auch auf Bali zu merken. An den Stränden sammelt sich tonnenweise Plastikmüll. Aber da kann man ja leider nichts machen, oder?
Und dann auch noch dafür sorgen, dass auf ganz Bali alle Plastiktüten komplett verboten werden? Schaffen das 14 und 16 Jahre alte Kinder? Klingt unvorstellbar! Dennoch haben Melati und Isabel Wijsen genau dafür gesorgt. Gemeinsam starteten sie bereits mit 10 und 12 Jahren ihre Aktion ByeByePlasticBags (BBPB) – inspiriert durch die Schule. Im Unterricht erfuhren sie, wie Menschen, wie Nelson Mandela und Lady Diana die Welt verändert haben. Daraufhin wollten sie sich auch engagieren, denn es geht ja schließlich um die Welt, deren Zukunft sie sind.
Ihre erste Online-Petition fand über Nacht bei 6000 Menschen Gehör. Dies bewegte die beiden Mädchen dazu, auch auf Jugend-Konferenzen, auf Märkten, bei Strandsäuberungen, an Schulen, aber auch auf Festivals über ihr Anliegen zu sprechen. Hartnäckig setzten sie eine Unterschriftensammlung am Flughafen durch und erreichten eine Millionen Menschen. Der TED-Talk 2016 machte sie dann endgültig international bekannt. Um aber auch die Aufmerksamkeit ihrer Regierung zu gewinnen, gingen die Geschwister bereits 2014 inspiriert von Mahatma Gandhi in den Hungerstreik. Es ging darum, die Politik zum Handeln zu zwingen. Gerade mal zwei Tage später wurden sie zum Gouverneur Balis gebeten. Viele Gespräche später unterschrieb der Regierungschef des Landes ein komplettes Verbot von Plastiktüten ab 2018. Um die breite Bevölkerung zu erreichen, starten die Geschwister eine Kampagne und verteilen an Läden spendenfinanzierte Stoff- und Papiertaschen. Hergestellt werden die Taschen aus alten Stoffresten – von Frauen, die vorher auf Reisfeldern oder zu Hause gearbeitet hatten. Dank Melati und Isabel haben sie nun ein eigenes Einkommen und mehr Selbstbestimmung.
Was für ein Erfolg mit gerade einmal 14 und 16 Jahren!
Dennoch sehen sie ihren Erfolg nur als ersten einfachen Schritt hin zu einer Lösung des weltweiten Plastikmüll-Problems. Hier muss noch einiges getan werden und zwar bald! Deshalb unterstützen die Schwestern nun andere junge Menschen bei ihren Aktionen.
Mittlerweile kämpft zusammen mit dem Geschwisterpaar ein ganzes Team aus über 40 Jugendlichen. Die beiden sprechen auf internationalen Kongressen, darunter auch auf der UN-Meereskonferenz in New York und führen Gespräche mit Politiker:innen, wie mit dem Leiter des UN-Umweltprogramms.
Ihre Initiative BBPB ist heute international verbreitet. Es
gibt weltweit über 50 Orte, an denen Teams die Bewegung weiterleben lassen.
Melati und Isabel zeigen: Aus einer kleinen Idee kann schnell etwas ganz Großes werden. Jeder kann seinen Teil zum Umweltschutz beitragen, auch wenn er noch so unscheinbar wirkt.
Quellen:
ByeByePlasticBags. A movement powerd by youth around the
world to say NO to plastic Bags. (2021). URL: http://www.byebyeplasticbags.org
[07.02.2021]
„Festgenommen werden ist ehrenvoll“ – Ou Hongyi, eine chinesische Schüler-Umweltaktivistin
Sieben Stockwerke zu Fuß gehen, jeden To-Go-Becher und Zigarettenstummel unterwegs aufheben, die Einladung zu einer internationalen Tagung absagen, weil man da mit dem Flugzeug anreisen muss. Ziemlich krass, die Schülerin Ou Hongyi. Seit drei Jahren kämpft sie in der südchinesischen Stadt Guilin gegen die Klimakatastrophe.
Aber eigentlich ist krass das falsche Wort, eine glatte Untertreibung: Ou Hongyi ist der Hammer.
Die mittlerweile 18-Jährige kämpft radikal, Tag und Nacht, mit Pappschildern, öffentlichen Protesten in Parks oder vor Jugendherbergen und vor dem Hauptquartier der Provinzregierung, durch Baum-Pflanzaktionen oder Diskussionen mit Passant:innen, durch ihr eigenes umweltbewusstes Verhalten und schließlich auch durch einen wochenlangen Schulstreik. Sie lässt sich dafür von der Schule werfen, von der Polizei inhaftieren und durch den Staat bedrohen. Offen kritisiert sie die pseudo-Umweltpolitik des chinesischen Staates und die denkfaule und bequeme Gesellschaft – und das in einer autoritären Diktatur, in der laufend Menschen für geringste Formen öffentlicher politischer Kritik über Nacht verschwinden und in Umerziehungslagern eingesperrt werden.
„Man muss das System ändern, der Wandel im Umweltschutz muss von unten kommen.“ „Es reicht nicht, nur Müll zu trennen und bei McDonald’s weniger zu bestellen.“ „Festgenommen werden ist ehrenvoll.“ „Mit jeder Strafe entblößt das autoritäre Systems eine ganze Härte.“
Erfolg hat sie wenig. Zu ihren Sitzstreiks und Demonstrationen in öffentlichen Parks kommen gerade mal eine Handvoll Menschen. Bekannt ist sie vor allem unter Journalist:innen, in der internationalen Friday for Future-Bewegung, die mit großen Respekt von ihr spricht, und natürlich bei den Polizeibehörden.
Das ist ihr egal. Sie macht weiter. Was für ein mutiger und inspirierender Mensch!
Die Einsicht, dass wir unser Verhalten ändern müssen, um die Katastrophe des Klimawandels zu verhindern, braucht solche Vorbilder.
Joshua Wong’s Kampf für Freiheit und Demokratie in Hongkong
2011 gründete der damalige Oberschüler Joshua Wong die Aktivistengruppe Scholarism gegen die Einführung des neuen Faches „Moralische und Nationale Erziehung“ an Hongkonger Schulen – für ihn eine „Gehirnwäsche“. Die Proteste wuchsen bald auf 120.000 Unterstützer:innen an. Die Regierung nahm von dem Gesetz Abstand.
2014 begann die chinesische Regierung weiter in die Hongkonger Regierung einzugreifen. Mit der Vorgabe der Wahlkandidaten zum Hongkonger Verwaltungschefs schränkte Peking die Wahlen ein. Wong rief Schüler:innen und Studierende zum Boykott auf. Rund 5.000 beteiligten sich am Protest vor dem Hongkonger Regierungssitz. Sie forderten freie Direktwahlen. Wong wurde aufgrund seines Einsatzes bei den Protesten mehrmals von der Polizei verhaftet.
2019 erregte das von der Hongkonger Regierung angestrebte Auslieferungsgesetz die größten Massenproteste in der Geschichte der Sonderverwaltungszone. Es sah vor, Straftäter:innen direkt an China auszuliefern. Wong trat auch diesmal als einer der zentralen Sprecher der Demonstrationen auf. Die chinesische Regierung verbot zwar seine Kandidatur für die Kommunalwahlen, der Auslieferungsgesetzentwurf wurde allerdings zurückgezogen. Die Proteste dauern bis heute an.
Emma González Kampf gegen die Schulmassaker in den USA
Emma war 2018 Schülerin der Marjory Stoneman Douglas Highschool in Parkland, Florida. Am 14. Februar 2018 tötete ein Amokläufer 17 Schüler:innen. Emma überlebte.
Nach der Tragödie gründete sie mit Mitschüler:innen die Non-profit Organisation „March for our Lives“. Diese Protestbewegung fordert schärfere Waffengesetze und wendet sich damit gegen eine der einflussreichsten US-Lobbys, die National Rifle Organisation (NRA). Dieser Verband vertritt mit fünf Mio Mitgliedern alle Jäger:innen, Sportschütz:innen, Schützenvereine und kämpft gegen jede Art von Einschränkung des offenen Waffenbesitzes in den USA. March for our Lives gewann 2018 denInternational Children´s Peace Prize. Heute umfasst die Bewegung vermutlich Millionen Unterstützer:innen überall in den USA.
Emma Gonzalez bewegte 2018 mit ihren ergreifenden Reden Menschen auf der ganzen Welt. Ihre Rede in Fort Lauderdale im Februar des Jahres wurde weltweit 3,4 Mio mal aufgerufen. Beim March For Our Lives im März 2018 brachte sie die 800.000 Zuschauer:innen in Washington D.C. dazu sechs Minuten lang schweigend zu verharren – die Zeitdauer in der der Täter an ihrer Schule 17 Jugendliche umgebracht hatte.
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